Allergien beim Hund: Wann hilft Futterwechsel gegen Juckreiz?

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Allergien beim Hund: Wann hilft Futterwechsel gegen Juckreiz?
Allergien beim Hund: Wann hilft Futterwechsel gegen Juckreiz?

Allergien bei Hunden scheinen auf dem Vormarsch zu sein. Aber ist es wirklich so? Handelt es sich bei jedem Juckreiz um eine Allergie? Und ist eine Futterumstellung, die sehr oft die erste Maßnahme ist, wirklich so sinnvoll? 
 
Annette Dragun, Tierheilpraktikerin und Buchautorin, wirft Licht auf diese Fragen und liefert wertvolle Einblicke in die Diagnose und Behandlung von Umwelt- und Futterallergien. 
 
Das Interview fand im Rahmen des GlücklicHundGesund-Kongresses 2024 statt. In diesem Artikel fasse ich das Gespräch für dich zusammen.

 

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Allergien bei Hunden: Mythen und Realitäten

Sobald ein Hundebesitzer äußert, dass sein Hund Juckreiz oder eine Ohrenentzündung hat, kommt vom Umfeld den Hinweis auf eine Allergie. Und in einem Atemzug wird dazu geraten, sofort das Futter umzustellen.  Das ist in vielen Fällen überhaupt nicht zielführend, sondern hat sogar negative Nebeneffekte.  

 

Wir müssen erst mal feststellen, ob der Hund wirklich eine Allergie hat oder ob er sich aus einem ganz anderen Grund kratzt, wo ein Futterwechsel überhaupt nichts bringen würde. 
 
Zweitens, wenn er eine Allergie hat, müssen wir herausfinden, mit welcher Allergie-Art wir es zu tun haben. Es wird oft angenommen, dass Futtermittel-Allergien am häufigsten vorkommen. Dabei sie Umweltallergien und Allergien auf Flohbiss viel häufiger. 

 
Man kann es im Prinzip nicht sofort sagen, ob das Futter für den Juckreiz verantwortlich ist oder nicht. Dafür brauchen wir möglicherweise Laboruntersuchungen. Aber es gibt auch verschiedene Zeichen, die einem Therapeuten auffallen und ihm auf dem Weg zur Diagnose gute Hinweise geben.  

 

Das nächste Problem ist, dass es Hunde gibt, die sowohl auf Futter als auch auf Umweltallergene reagieren. Das macht es dann erst richtig kompliziert. 

 

Juckreiz beim Hund: Warum der Futterwechsel problematisch sein kann

Zwei Sachen finde ich sehr bedenklich.  

 

Die erste ist, dass Hundebesitzer jeden Rat befolgen und sich durch eine ganze Palette von verschiedenen Futtersorten durchtesten. Sie probieren vor allem verschiedene Proteinquellen aus.   


Wenn wir später tatsächlich feststellen, dass der Hund eine Futterallergie hat und wir eine Ausschlussdiät machen möchten, brauchen wir ein Protein, das der Hund noch nie gefressen hat. Durch die häufigen Futterwechsel sind meistens sämtliche Proteine „verbrannt“ worden, auch die Reserve-Proteine, die im täglichen Hundefutter und als Leckerli eigentlich nichts zu suchen haben. 

 

Ich bin der Meinung, dass ein Hund, der in Deutschland lebt, mit Fleisch gefüttert werden sollte, das in Deutschland normalerweise auf den Tisch kommt. Straußen- oder Büffelfleisch, Elch oder Känguru sollten wirklich nur bei medizinischer Indikation gefüttert werden. 

 

Das Zweite Problem ist, dass in der Zeit, in der diese vielen Fütterungsversuche gemacht werden, der Hund unter Umständen weiter leidet, ohne dass man der Ursache sucht. Es geht unnötig viel Zeit verloren.  
 
Ein Futterwechsel ohne Strategie führt dazu, dass der Hund weiterhin Beschwerden hat. Und das finde ich sehr traurig.   

Futterallergie und Futterunverträglichkeit: Wo liegt der Unterschied?

Rein symptomatisch ist der Unterschied in den meisten Fällen so, dass ein Futtermittelallergiker sehr viel häufiger Hautsymptome zeigt als Magen-Darm-Symptome. Der hat in vielen Fällen überhaupt keinen Durchfall, kein Erbrechen, reagiert aber trotzdem allergisch auf das Futter. Die Folge ist Juckreiz an verschiedenen Körperstellen und sehr häufig Ohrenentzündungen.  
 
Dahingegen zeigt ein Hund, der unter einer Futtermittelunverträglichkeit leidet, in der Regel eine Magen-Darm-Symptomatik: Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Krämpfe 

Juckreiz kann vielfältige Ursachen haben

Hinzu kommt, dass die Allergie nicht zwangsläufig eine Futtermittelallergie sein muss. Es kann sich auch um eine Umweltallergie handeln, bei der verschiedene Erreger in Frage kommen: 

  • Pollen 
  • Gräser 
  • Schimmelpilze 
  • Hausstaubmilben  

 

Juckreiz kann aufgrund von anderen Erkrankungen als eine Allergie entstehen, unter anderem 

  • Parasitenbefall 
  • Hormonelle Erkrankungen 
  • Nierenerkrankungen 
  • Stoffwechselstörungen 
  • Autoimmunerkrankungen 

 

Manchmal wird das Verhalten des Hundes nicht richtig interpretiert: Der Hund hat keinen Juckreiz sondern Schmerzen. Ich hatte eine Hündin in Behandlung, die sich in den Leisten in Richtung Knie geknibbelt hat. Sie hatte an keinen anderen Stellen Juckreiz. Das ist sehr untypisch für eine Allergie. Die nähere Untersuchung zeigte, dass sie Schmerzen hatte. Die Arthrose wurde behandelt und der vermeintliche „Juckreiz“ verschwand.  


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Die Allergie-Diagnostik beim Hund: Eine Herausforderung

Erfahrene Therapeuten können anhand der folgenden Punkte meistens schon sinnvolle Rückschlüsse ziehen: 

  • Symptomatik,  
  • vorherige Behandlungen,  
  • Medikamente, die verabreicht wurden,  
  • bisherige Futtersorten 

Da konnte ich oft schon einen Verdacht äußern. Das ist aber keine gesicherte Diagnose. Ich würde den Verdacht unter Umständen durch einen Bluttest absichern. Es wird gerne gesagt, dass Bluttests nichts bringen. Die Tests auf Futtermittelallergien geben keine 100% sichere Auskünfte, aber sie geben wertvolle Hinweise. Alleine schon auf Proteinsorten, die ich bei einer Ausschlussdiät einsetzen könnte.  

 

Ein Test auf Umweltallergien kann sehr hilfreich sein. Es macht schon einen Unterschied in der Behandlung und im Management, ob ein Hund auf Hausstaubmilben oder auf Futtermilben allergisch reagiert. So weiß ich, von welchen Allergenen ich den Hund zukünftig möglichst fernhalten sollte. Es ist nämlich kaum möglich, immunregulierend zu behandeln, wenn der Hund ständig von seinen Allergenen malträtiert wird.  

Allergien und Juckreiz: Schulmedizin und alternative Therapien ergänzen sich

In fortgeschrittenen Fällen kann es notwendig sein, schulmedizinisch zu behandeln. Manche Hunde leiden so stark, die Entzündungen der Haut sind so gravierend, dass man da nicht länger zusehen darf.  Das ist eine Quälerei, die oft Verhaltensänderungen verursacht.  

 

Stellen wir uns vor, wir müssten zwei Tage stramm in deinem Ameisenhaufen sitzen! 

 

Mit Medikamenten wird tatsächlich nur das Symptom Juckreiz behandelt. Aber in dieser Phase darf der Hund sich entspannen, die Haut heilen und die ganze Familie zur Ruhe kommen. 

Immunregulierende Therapie: Eine Wanderung zum Erfolg

In dieser Zeit arbeite ich immunregulierend mit verschiedenen Therapiearten.

 

Ich erstelle für jeden Hund einen individuellen Therapieplan. Denn jeder Fall ist anders. Was für alle gilt: Das ist kein Sprint, sondern eine sehr, sehr lange Wanderung, um zum Erfolg zu kommen. Aber grundsätzlich kann man jedem Hund mit einer Allergie helfen. Eine komplette Heilung können wir nicht versprechen. Aber wenn wir es hinkriegen, dass der Hund für eine längere Dauer keinen oder wenig Juckreiz hat, dann ist ja auch schon eine Menge gewonnen. 

DarmSanierung und Futteroptimierung

Zu den Therapien gehört auf jeden Fall eine Darmsanierung und eine anschließende Futteroptimierung. Nicht weil der Hund auf das Futter allergisch reagiert, sondern einfach damit wir das Immunsystem über eine gesunde Ernährung und über den Darm regulieren.  

Die Grundregeln sind 

  • ein artgerechtes naturnahes Futter, möglichst wenig verarbeitet, um das Immunsystem nicht noch zusätzlich zu belasten, 
  • Die Darmflora mit passenden Ballaststoffen unterstützen.  

Futterallergie beim Hund: So gehen wir vor

Hier geht es wirklich ums Futter. Im Prinzip muss man herausfinden, wogegen der Hund allergisch ist und es ausschließen. Der Hund braucht eigentlich keine weitere Therapie. Natürlich ist es auch hier sinnvoll, den Darm zu unterstützen, der unter Umständen längere Zeit malträtiert wurde.  
 
Wenn man herausgefunden hat, was der Hund nicht verträgt, geht es nur um Management, teilweise ein Leben lang.  

 

Es ist wichtig, diese Fütterung ganz streng einzuhalten und da muss auch das ganze Umfeld (Kinder, Nachbarn, Besuch, Trainer…) mitmachen. Da darf keiner in seine Tasche greifen und dem Allergiker ein Leckerli hinhalten. Anti-Giftköder-Training oder ein Maulkorb können sinnvoll sein, damit der Hund nichts aufnehmen kann. 

Die Ausschlussdiät: Eine Geduldsprobe mit Erfolgschancen

Die klassische Ausschlussdiät sieht so aus:  eine neue Proteinsorte, eine neue Kohlenhydrat-Sorte und eine neue Gemüsesorte. Meisten ist das tierische Protein das Problem, aber es gibt auch Hunde, die gegen Möhren oder Erbsen allergisch sind.  

 

Der Hund wird für eine gewisse Zeit wirklich sehr, sehr eingeschränkt gefüttert. Darauf folgt eine Ausweitung der strengen Ausschlussdiät:  Wir versuchen herauszufinden, welche Lebensmittel der Hund verträgt, um eine Liste anzulegen und die Fütterung Schritt für Schritt vielseitiger zu gestalten.  


Darauf sollte eine Provokations-Diät folgen, also mit Futtermittel, die der Hund früher definitiv nicht vertragen hat. Verständlicherweise weigern sich viele Bezugspersonen, diesen Schritt zu gehen. Da sitzen die Erinnerungen an das Leid der Hunde zu tief. 

 

Insgesamt braucht es viel Zeit, viel Geduld und Konsequenz.  

 

Aber in aller Regel fährt die Symptomatik quasi auf null, sobald das Allergen dem Hund nicht mehr zugeführt wird. Die Besserung ist binnen weniger Tage spürbar und eine Erleichterung für Hund und Mensch. 

 

Hier heißt es: Kein Risiko eingehen! Der Hund wird weiterhin streng nach Ausschlussdiät gefüttert, bis sich alle Symptome beruhigt haben, bis die Haut- bzw. der Magen-Darm-Trakt richtig zur Ruhe gekommen sind. Erst dann können Versuche mit anderen Lebensmitteln durchgeführt werden.  

 

Als grober Anhaltspunkt geht man von sechs Wochen aus. Manche Leute sind so froh, dass ihr Hund endlich zur Ruhe kommt, dass sie danach kaum noch andere Lebensmittel ausprobieren wollen. Das braucht etwas Mut, aber so kann die Fütterung vielseitiger werden. Und sollte der Hund auf eine neue Komponente reagieren, dann lässt man sie sofort weg. Die Symptome gehen relativ schnell vorbei. 

Besteht die Gefahr des Nährstoffmangels?

Ein ansonsten gesunder Hund kann eine sechswöchige Ausschlussdiät ohne irgendwelche Zusätze gut vertragen. Ich empfehle, jeden Zusatz einzeln in die Ernährung zu integrieren und zwei oder drei Wochen abzuwarten, bevor der nächste Zusatz eingeführt wird. 

 

Es gibt viele Hunde, die auf Vitamin- und Mineralstoffpräparate reagieren, auch wenn sie explizit für sensible Hunde gedacht sind. Meistens reagieren sie auf die Trägerstoffe. Das gilt nicht unbedingt für Futtermittelallergiker, bei denen es sich meistens um Proteine dreht. Das betrifft eher Hunde mit Unverträglichkeiten, weil die Unverträglichkeiten sich gegen sehr, sehr viel mehr Lebensmittel oder Lebensmittelzusätze richten, als eine klassische immunvermittelte Allergie. 

 

Problematisch sind manchmal auch Medikamente. Gerade aromatisierte Tabletten können allergische Reaktionen auslösen. Da muss man schauen, dass man den gleichen Wirkstoff ohne Aromastoffe findet. 

Allergien beim Hund: Wie kann man sie vermeiden?

Es ist nicht ganz einfach. Es gibt Rassen, die dafür bekannt sind, dass sie extrem häufig Allergien entwickeln. Man kann eigentlich sagen, dass es die 5 beliebtesten Hunderassen betrifft: französische Bulldogge, Old English Bulldog, Mops, Labrador und Golden Retriever. Sobald ein Hund richtig in Mode gekommen ist und intensiv gezüchtet wurde, wie vor einiger Zeit der West Highland White Terrier, dann ist die Rasse über kurz oder lang für Allergien anfällig. 

 

Eine Überlegung wäre also, sich von vorne herein eine andere Hunderasse auszusuchen. Denn bei den genannten Rassen haben wir nicht nur die Allergien, sondern viele andere, schlimme Erkrankungen. Also Finger weg von diesen Rassen, die so schwer kaputtgezüchtet wurden.  

 

Wenn man einen jungen Hund hat, der zu einer prädisponierten Rasse gehört, sollte man versuchen, sein Immunsystem so gut wie möglich zu pflegen. Das beginnt mit der Fütterung. Wenn der Hund kein gutes Futter bekommt, muss man sich nicht wundern, wenn irgendwann das Immunsystem rebelliert.   

Vielen Dank an Annette Dragun für das spannende Gespräch.
Annette Dragun ist Tierheilpraktikerin und Buchautorin. 

 

https://www.tierheilpraxis-nordfriesland.de/ 

 


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Meine Name ist Anne Sasson. Ich bin Tierheilpraktikerin, Ernährungsberaterin und Dozentin. 

Mein Herzenswunsch?  Für immer mehr Hundegesundheit zu sorgen.
Meine Vision? Jeder Hund wird individuell behandelt und nach seinen ganz speziellen Bedürfnissen gefüttert.
Mein Weg? Es sind eigentlich zwei... Hunde sanft und nachhaltig behandeln und maßgeschneiderte Fütterungpläne für sie zusammenstellen. Und mein Wissen und meine Erfahrungen an andere Menschen im Tierberuf weiterzugeben. 

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