Fütterung des Hundes bei chronischer Niereninsuffizienz

Lange Jahre ist man davon ausgegangen, dass Hunde, die unter chronischer Niereninsuffizienz leiden, unbedingt so proteinarm wie nur möglich ernährt werden müssen. Und nicht nur das! Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass proteinreiche Rationen die Erkrankung sogar herbeiführen oder begünstigen würden ... Letzteres ist schlichtweg falsch. Und die Fütterung nierenkranker Hunde müssen wir  wie so vieles - differenziert betrachten.
 

Proteinreduktion:  Ja? Nein? Ein klares Jein...
Denn tatsächlich kann es bei dem einem Hund sinnvoll sein, proteinarm zu füttern, während es einem anderen schaden könnte. Bekommt ein nierenkranker Hund eine proteinarme Ration, so wird sich sein klinisches Bild daraufhin verändern. Die Harnstoffwerte werden sinken und die mit ihnen verbundenen Beschwerden (gastro-intestinale Beschwerden, Apathie und Schwäche, Durst und vermehrter Urinabsatz ...) sich verbessern. Ist die chronische Niereninsuffizienz bereits fortgeschritten, kann sich also eine starke Reduktion des Eiweißes positiv auf das Allgemeinbefinden auswirken. Hierdurch wird sich aber das Forschreiten der Erkrankungen nicht verhindern lassen, die Nieren werden durch diese diätetischen Maßnahmen nicht geschützt.

 

Andererseits: Füttern wir proteinarm, so droht logischerweise ein Proteinmangel, da der Körper zugeführtes Eiweiß nicht speichern kann. Das führt zum Abbau von Muskeln und Gewebe, und schwächt den Hund noch zusätzlich. Der Organismus verfügt jedoch über eigenes Eiweiß, das nun verstoffwechselt wird, um die Unterversorgung zu kompensieren. Die Harnstoffwerte werden sich nicht unbedingt verbessern, denn das Protein aus der eigenen Körpermasse muss ja ebenfalls abgebaut werden.
Doch eine angemessene Proteinzufuhr entspricht den Anforderungen an einer artgerechten Ernährung. Darüber hinaus stoßen herkömmliche proteinarme Diäten bei Hunden auf wenig Begeisterung. Diese leiden bereits unter Appetitmangel und verweigern nun die Nahrungsaufnahme, was gravierende Folgen hat.

 

Ein vernünftiger Diätplan für einen chronisch nierenkranken Hund lässt sich nicht mit festen mathematischen Formeln rechnen. Hier geht es nicht darum, von vornherein drastische diätetische Maßnahmen zu ergreifen, in der Hoffnung dass die größte Strenge auch die besten Erfolge herbeiführen möge. Die Fütterung muss ganz sorgfältig und individuell angepasst werden und der Hund soll nun soviel Protein bekommen, wie für ihn verträglich ist.  Ab wann und wie streng reduziert werden soll, sollte sehr individuell entschiedenen werden.

Sehr wichtig ist, dass nierenkranke Hunde hochwertiges Eiweiß bekommen. Hochwertig ist das, was ein Hund aufgrund der Beschaffenheit seines Verdauungsapparats am besten verdauen kann: Fleisch! Die Verdaulichkeit von frischem Fleisch beträgt 98%, im Vergleich liegt die Verdaulichkeit von Fleischmehl bei 90%, die von Sojaextraktionsschrot bei 84%. Eine hohe Eiweißqualität weisen auch Milchprodukte und Eier aus.

 

Kehren die Symptome (Erbrechen, Durchfall, Appetitverlust, Abgeschlagenheit) zurück, wird die Proteinmenge stufenweise reduziert. Diese Methode der ständigen Beobachtung und Anpassung ist natürlich nicht so bequem wie eine von vorneherein sehr strenge Reduktion, weil man sich immer wieder bis zur individuellen Toleranzgrenze des jeweiligen Hundes hinarbeiten muss. Diese Form der Diät entspricht jedoch viel mehr der artgerechten Fütterung des Hundes und wird i.d.R. -  im Gegensatz zu den herkömmlichen Fertigdiäten - auch gerne gefressen. So können wir der Abmagerung und dem Muskelabbau entgegenwirken und dem Hund eine gute Lebensqualität bieten.

 

Die Eiweißreduktion geht nicht zwangsläufig mit einer fleischreduzierten Fütterung einher. Wird fettes Fleisch gefüttert, so kann die ursprüngliche Fleischmenge erhalten bleiben und die Versorgung mit Protein ist automatisch reduziert: Je fetter das Fleisch, umso weniger Protein enthält es. Universitätskliniken schlagen deshalb gerne eine Schweinefleischdiät vor. Deutschland gilt inzwischen Aujeszky-frei, um kein Risiko einzugehen, kann das Schweinefleisch gekocht werden. Wenn man es mit Milchprodukten und Eiern kombiniert und auch Kartoffeln und Gemüse zufüttert, kann man beispielsweise die von Meyer/Zentek empfohlenen Werte[1] erreichen. Dabei stellen tierische Erzeugnisse immer noch 70% der Ration dar.

 

 

Und wie sieht es mit Phosphor aus?
Bei einer chronischen Niereninsuffizienz ist es sinnvoll, phosphorarm zu füttern. Laut Meyer/Zentek sollte die Phosphoraufnahme nicht 60 mg/kg Körpermasse übersteigen. Richtige Phosphorbomben sind Knochen: Die sollten aus dem Fütterungsplan gestrichen werden. Phosphorarm sind beispielsweise Blättermagen und Pansen (die enthalten günstigerweise verhältnismäßig viel Calcium) sowie fette Fleischsorten und fette Fische. Reis und Hirse z.B. enthalten viel Phosphor. Ggf. können auch Phosphatbinder eingesetzt werden.

 

Ganz wichtig ist, dass die Hunde immer ausreichend zu trinken haben, auch wenn die Erhöhung der ausgeschiedenen Menge zu zusätzlichen Spaziergängen führt! Wenn der Hund (zu) wenig Appetit hat, sollte die Gesamtration auf mehrere kleine Portionen täglich aufteilt werden. Je nach Diät muss auch überlegt werden, ob bestimmte Mineralien, Vitaminen und Spurenelemente der Ration zugefügt werden müssen.


Ein Leben ohne Leckerchen? 
Keineswegs! Diese können ganz einfach aus eiweiß- und phosphoramen Zutaten gebacken werden, z.B. Kartoffelmehl, Gemüse (Möhren, rote Beete, Petersilie), Schweineschmalz, fein gewürfelten Speckstückchen. Wichtig: keine Hefe, die sehr viel Phosphor enthält. Aus diesen Zutaten und etwas Wasser wird ein Teig gerührt, der sich auf ein gefettetes Backbleich streichen lässt. Nach 20 Minuten im Backofen Streifen und Stücke schneiden. Diese können noch bei 50° getrocknet werden, so halten sie sich länger.

 

Zusammenfassend sollte betont werden, dass auch eine sehr strenge Diät eine chronische Niereninsuffizienz nicht rückgängig machen kann. Es geht also in erster Linie darum, dem kranken Hund auf lange Sicht die höchstmögliche Lebensqualität und zu bieten. Hierzu lohnt es sich, die Fütterung Schritt für Schritt auf die individuellen Bedürfnisse des Hundes abzustimmen. So wird einerseits die Verbesserung der Beschwerden erreicht und unser Hund frisst seine Mahlzeiten weiterhin gut und gerne!

 

 

Literatur
Meyer, Helmut/Zentek, Jürgen: Ernährung des Hundes  Grundlagen, Fütterung, Diätetik. Parey Buchverlag Berlin




© Anne Sasson
Tierheilpraktikerin
Mobile Praxis für klassische Tierhomöopathie
www.berlin-tierhomoeopathie.de
030  9225 7262 - 0179 122 95 66

 
0